Satire

Wenn es um die Frage geht, was Satire darf, dann wird gerne Tucholsky zitiert, der einmal auf die Frage “Was darf Satire?“ antwortete: „Alles“. Damit wird Tucholsky  als unangreifbare Institution ausgewiesen, der nicht widersprochen werden kann. Tucholsky hat quasi, dem Papst ähnlich, ex cathedra gesprochen.

Ich glaube, dass Satire nicht alles darf. Dem steht die Würde des Menschen entgegen. Soll man denn unter dem Vorwand der Satire jeden Menschen beleidigen dürfen? Kann man die Dinge denn nicht auf den Punkt bringen und damit dem Zweck der Satire, nämlich eine Bloßlegung und letztendlich auch eine Verbesserung zu bewirken, entsprechen, ohne jemanden beleidigen zu müssen? Wenn ich mir die eine oder andere Satire-, Kabarett– oder Comedysendung im Fernsehen anschaue oder im Radio anhöre, dann muss ich feststellen, dass die dort vertretenen „Künstler“ glauben, nur dann Gehör zu finden, wenn sie bei ihrer Wortwahl versuchen, den Vorredner in der Härte ihrer Ausdrücke noch zu übertreffen. Oder zeigt dies nur die Hilflosigkeit einer Gesellschaft, die sich mit sachlicher Argumentation kein Gehör mehr verschaffen kann? Ist es ein Eingeständnis, dass selbst eine noch so harte Satire ihr Ziel, nämlich die Veränderung einer Situation, nicht erreicht? Ausdruck der Hilflosigkeit der Bürger gegenüber der Politik? Deren einziger Trost letztendlich darin besteht, dass es eine Meinungsfreiheit gibt, man es denen da oben richtig zeigen darf, um dann im Alltag festzustellen, dass alles beim Alten geblieben ist.

Wenn ein Bürger seinen Nachbarn verbal attackiert, dann wird er verurteilt, vorausgesetzt natürlich, dass der Nachbar Strafanzeige stellt. Wenn ein Satiriker öffentlich unter der Gürtellinie attackiert, dann wird eine derartige Verbalinjurie als Kunst bewertet. Das passt nicht zusammen. Die Anhäufung von derartigen „satirischen“ Äußerungen in den öffentlichen Medien macht vieles, was vorher unerlaubt war, zu Erlaubtem. Ich kann mich mit einer derartigen Entwicklung jedenfalls nicht anfreunden.

Was passiert eigentlich, wenn jemand einem Polizisten seine Meinung über ihn in Form eines Schmähgedichtes vortragen würde unter dem Hinweis, dass das eine Schmähkritik ist, die er ihm gegenüber so nicht vortragen dürfte? Wann ist eine Beleidigung Satire und wann ist es Kunst? Ist alles, was öffentlich vorgetragen wird, per se Kunst? Kann ich mich in einer Unterhaltung mit einem anderen gleich zu Beginn der Unterhaltung als Satiriker ausweisen und ihm alles an den Kopf werfen, was ich will?

Fazit: Für mich ist eine Beleidigung eine Beleidigung und hat in der Kommunikation zwischen Menschen nichts verloren. Verbale Demütigungen, auch als Satire getarnt, helfen der Gesellschaft nicht weiter. Es gibt keinen Begriff, unter dem das erlaubt ist, auch nicht die Satire.

Andreas Angermeir

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