Freitagsdemonstrationen

Freitag für Freitag wollen bundesweit Schüler für den Klimaschutz demonstrieren. Der Anfang ist gemacht. Der Zustrom hält sich allerdings in Grenzen. In München waren es gerade mal 750 Schülerinnen und Schüler, die an der ersten Freitagsdemonstration teilnahmen.

Insgesamt gibt es in München im Schuljahr 2018/2019 ca. 162.000 Schülerinnen und Schüler. In den Grundschulen befinden sich ca. 53.000 Schülerinnen und Schüler. Subtrahiert man diesen Wert von 162.000, dann erhält man die Zahl 109.000. Von den ca. 109.000 Schülerinnen und Schülern haben also lediglich 0,7 Prozent gestreikt. An dieser Rechnung kann man nun kritisieren, dass dabei auch Schüler einberechnet sind, die noch relativ jung sind. Selbst wenn man die Zahl 109.000 herunterkorrigiert auf ca. 75.000 und damit nur die Schüler in die Rechnung einbezieht, die älter als 14 Jahre sind, bleibt der Wert bei mickrigen 1 Prozent.

Ist unserer Jugend der Klimaschutz nicht mehr wert oder haben sie Angst, den Unterricht zu versäumen? Oder ist der Prozentsatz so hoch, weil etliche Schüler sich über einen unterrichtsfreien Tag freuten? Interessant wäre es, wie viele Schüler zu den Demonstrationen kommen würden, wenn die Demonstrationen am Samstag stattfinden würden und kein Unterricht versäumt wird. Dann kämen genau jene Schüler, denen der Klimaschutz wirklich am Herzen liegt. Sie könnten ihre Eltern und ihre Freunde und Bekannten mitbringen, damit aus dieser kleinen Bewegung eine große wird. Damit die Protestierenden bei den Politikern auch nur im Ansatz Gehör finden könnten, müssten es Zehntausende sein und die müssten nicht nur einmal demonstrieren, sondern immer wieder.

Meine Lebenserfahrung hat mir gezeigt, dass die meisten Demonstrationen nicht viel bewirken. Sie haben lediglich eine Ventilfunktion. Der Demonstrierende ist stolz, seine Meinung kund getan zu haben. Und die verantwortlichen Politiker gehen bald zur Tagesordnung über. Die Proteste sind schnell vergessen. Was bei den Demonstrierenden bleibt, das ist Frust und das Gefühl der Ohnmacht. Jeder spürt, dass diese friedlichen Demonstrationen lautlos verpuffen. Das mag ein Grund dafür sein, dass manche glauben, dass man bleibende Veränderungen nur mit Gewalt erreichen kann. Tatsächlich bleiben Demonstrationen mit erheblichem Gewaltpotential eher im Gedächtnis haften als die ganz biederen, gewaltlosen Demonstrationen.

In Deutschland bleiben die gewalttätigen Demos zum G 20 Gipfel und die Demonstrationen zum 01. Mai in Erinnerung. Die Mehrzahl der Demonstrationen in Deutschland ist friedlich. In Frankreich hingegen kommt es bei Demonstrationen viel häufiger zu gewaltsamen Ausschreitungen als hier zu Lande. Aber auch ohne Gewalt erscheinen Demonstrationen in Frankreich kraftvoller. Man denke nur an die Gelbwesten. Ich glaube, dass man in Deutschland auch so etwas bräuchte wie eine Gelbwestenbewegung. Dazu wird es aber nie kommen. Wir Deutsche sind nun mal anders als die Franzosen. Wir sind ein gehorsames Volk, das alles hinnimmt, was uns unsere Regierung zumutet. Somit kann ich also Entwarnung geben für alle Politiker, die angstvoll nach Frankreich schielen.

Ich möchte ein Beispiel aus meiner Studentenzeit zum Besten geben. Es war an einem Donnerstagvormittag, als wir Studenten uns im großen Hörsaal der TU München redlich mühten, dem Vortrag des Mathematikprofessors zu folgen. Die Materie war kompliziert und der Professor verspottete uns  mit den Worten, dass es ihm genüge, wenn einer der 300 anwesenden Studenten ihm folgen könnte. Genau in diese Vorlesung stürzten Studenten von der Maximiliansuniversität und forderten uns auf, sich dem Streik anzuschließen. Der Professor schien eingeschüchtert. Da standen etwa 20 Kommilitonen auf und warfen die eindringenden Studenten – wir nannten sie verächtlich Geisteswissenschaftler – nach einem kurzen Handgemenge aus dem Hörsaal. Und wenn mal eine Vorlesung ausfiel, dann nutzten wir die Zeit, um unsere technischen Zeichnungen zu vervollständigen. Ob das so auch in Frankreich passiert wäre?

Ich wette, dass aus den Freitagsdemonstrationen unserer Jugendlichen nichts wird. Was bleibt? Die jetzt 15-jährigen können in 50 Jahren ihren Enkeln erzählen, wie sie mutig der Regierung entgegentraten, um die Welt zu retten. Vergebens!

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