Im Januar gab es irgendwann einmal den Tag Null, an dem alle von uns zum ersten Mal etwas über das Virus Covid-19 erfuhren. Es gab keinen Wissensvorsprung, die Politiker, die fortan schwierige Entscheidungen zu treffen hatten, und der Rest der Gesellschaft wussten gleich viel oder gleich wenig. Nur die Spezialisten wie z.B. die Virologen, die sich berufsmäßig mit diesen kleinen Tierchen auseinandersetzen, wussten etwas mehr. Aber auch sie wussten über dieses spezielle Virus nur wenig. Ganz offensichtlich gab es auch bei den Virologen völlig unterschiedliche Auffassungen. Die einen glaubten, dass es sich bei der Pandemie um eine simple Grippewelle handeln würde, die anderen hielten das Coronavirus für weitaus gefährlicher als die Grippeviren der letzten Jahre.
Und es kam, wie es kommen musste, die Politiker folgten ihren – ganz persönlichen – Virologen. Ja selbst die öffentlich-rechtlichen Sender hatten da so ihre Prioritäten. Mit Specht – ZDF – und Streeck waren zwei Virologen am Werk, die mehr der ersten der oben erwähnten Virologen zuzuordnen sind. Kekule, der von Anfang an dafür eintrat, die Grenzen zu kontrollieren und Mundschutz empfahl, war bei Anne Will – ARD -zu sehen. Daneben gab es noch Drosten von der Charite und Wieler vom Robert-Koch-Institut und viele andere mehr. Die Politiker waren voll auf ihre Virologen fixiert. Ich hätte mich ebenfalls von Virologen beraten lassen. Aber nicht nur von einem einzigen, sondern von mehreren und mir die Argumente für bestimmte Maßnahmen auch erklären lassen. Vor allen Dingen hätte ich geschaut, welche Länder am erfolgreichsten im Kampf gegen das Virus waren. Mir ist schleierhaft, weshalb das nicht geschehen ist. Alle Länder, die sehr erfolgreich waren, hatten ein paar Dinge gemeinsam: Alle Menschen trugen einen Mund-Nasenschutz, benutzten eine Tracing-App und versuchten die Personen, die mit Infizierten in Kontakt waren, ausfindig zu machen, sie zu testen und anschließend in Quarantäne oder ins Krankenhaus zu bringen. Außerdem wurde darauf geachtet, Abstand zu halten. Das Leben konnte auf Grund dieser Maßnahmen weitgehend normal weiter gehen.
In Deutschland hatten wir das Glück, dass einige Regionen bzw. Städte andere bzw. zusätzliche zu den von der Bundesregierung empfohlenen und von den Ländern angeordneten Maßnahmen anordneten. Hier wurde der vielfach gescholtene Flickenteppich zum Erfolgsmotor. Jena verordnete seinen Bürgern als erste Stadt in Deutschland die Maskenpflicht. Und siehe da: nach zwei Wochen gab es keine Neuinfektionen mehr. Ohne den Alleingang von Jena hätten wir möglicherweise auch heute noch keine Maskenpflicht in Deutschland. Dabei hätte man nur nach Asien schauen müssen!!
Der einzige Politiker, der in der westlichen Hemisphäre den gesunden Menschenverstand bewahrte, war Österreichs Wunderwuzi Sebastian Kurz. Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Das Land hat als erstes Land in Europa den Lockdown in größerem Umfang gelockert. In Diskussionsrunden wurde immer wieder auf das schwedische Modell verwiesen, dabei aber außer acht gelassen, dass die Bevölkerungsdichte – abgesehen von ein paar größeren Städten – mit der Bevölkerungsdichte der Länder Mitteleuropas nicht zu vergleichen ist. Hier sei am Rande auch noch bemerkt, dass es in Schweden etwa fünfmal so viele Tote gab wie in Österreich. Wieviel Unfug auch von Virologen verbreitet wurde, möchte ich an einem Beispiel fest machen. Da gab es doch allen Ernstes einige, die vorschlugen, eine Herdenimmunität zuzulassen. Dazu braucht man einen Anteil von 70% Infizierten an der Gesamtbevölkerung. Das sind 56 Millionen Menschen in Deutschland. Bei einer Sterberate von z.B. 1 % wären das 560.000 Tote zusätzlich. Bei anderen Sterberaten wären es entsprechend mehr oder weniger. Die Krankenhäuser wären ständig überlastet gewesen. So einen Unfug wie die Herdeimmunität muss man sich erst mal einfallen lassen.
Dabei hätte ein Blick nach Südkorea genügt, um sich zu vergewissern, dass weder der komplette Lockdown noch die Herdenimmunität notwendig sind, um mit dem Virus fertig zu werden. Eine besonders unglückliche Rolle spielte das Robert-Koch-Institut. Das RKI ist nicht einmal in der Lage, die Daten zeitnah zu erfassen. Die Zick-Zack Kurve – bedingt durch Datenausfälle am Wochenende und den späteren Nachmeldungen bei den Neuinfizierten – ist der beste Beweis dafür. Auch hier sind uns die Österreicher überlegen. Der Kurvenverlauf, den man z.B. im ORF unter Corona abrufen kann, ist nahezu perfekt. Jeden Tag werden die Daten ordentlich erfasst und weitergegeben. Das RKI mit dem Tierarzt Wieler an der Spitze verwirrte dann auch noch mit unterschiedlichen Messmethoden und mit der Priorisierung verschiedener Kennzahlen. Entscheidend ist doch die Zahl der Neuinfektionen. Das ist doch relativ einfach zu verstehen.
Der Berechnung des Reproduktionsfaktors R liegt eine mathematisch höchst komplizierte Formel zugrunde, die mit Kennzahlen gefüttert wird, die vom Gustus des Berechners abhängig sind, z.B. die Anzahl zurückliegender Tage – also das Zeitfenster -, die dann zur Berechnung der Zahl R eingesetzt werden. Je nachdem, welches Zeitintervall man wählt, wird man auch unterschiedliche Werte für R erhalten. Genauso unsinnig war es, die Verdopplungszahl als den wesentlichen Parameter heranzuziehen. Das gesamte Geschehen in eine einzige passende Zahl zu pressen, geht meines Erachtens nicht. Eine Reproduktionszahl R = 1 bei 10 Neuinfizierten pro Tag ist doch ganz anders zu bewerten als eine Reproduktionszahl R = 1 bei 50.000 Neuinfizierten pro Tag. Anhand von Kurven lässt sich die Entwicklung schon wesentlich besser darstellen. Besonders unglücklich war es auch, dass das RKI dem Tragen eines Mund-Nasenschutzes kaum eine Bedeutung beimaß. Die Maskenpflicht wurde im Prinzip gegen den Widerstand des RKI durchgesetzt. Wertvolle Zeit und damit Milliarden von EURO gingen verloren.
Und dann kam auch noch das Gemurkse mit der App. Braucht es denn wirklich soviel Zeit, um eine derartige App zu schreiben?! Die Bilder, die unsere Politiker produzierten, wenn sie wie Jens Spahn und andere in einen Aufzug drängelten oder die Pressekonferenz von AKK beim Ausladen der Masken aus China, waren wenig hilfreich, den Bürgern im Land zu vermitteln, dass das Tragen der Masken und das Abstandhalten notwendige Maßnahmen sind, um Lockerungen vornehmen zu können. In der Coronakrise wurde überdeutlich klar, dass die Politiker genauso wenig Ahnung hatten wie der Normalbürger und dass man Ministerposten vermutlich besser durch Politiker mit Fachwissen oder noch besser mit gesundem Menschenverstand ersetzen sollte. Ehrgeizlinge wie z.B. Laschet können hier nur schaden. Wenn man sich dann noch überlegt, dass der Pandemieplan, der vom ehemaligen Gesundheitsminister Rösner vor fast 10 Jahren ausgearbeitet wurde, nie zur Anwendung kam, sondern in den Schubladen verschwand, dann offenbart sich hier eine grobe Fahrlässigkeit, die unbedingt geahndet werden müsste.
Es gibt aber auch noch andere Akteure. Die Coronakrise war die Stunde all derer, die endlich die Stunde gekommen sahen, um aus allen Rohren gegen das politische System, gegen die Pharmaindustrie und gegen die herkömmliche Medizin zu schießen. Einer von ihnen war Rüdiger Dahlke, der das Coronavirus als völlig unbedeutend ansah und Bill Gates verdächtigte, hier den willkommenen Anlass zu sehen, um seine Impfprodukte an den Mann zu bringen. Dabei unterscheidet sich R. Dahlke gar nicht so sehr von Bill Gates. Der eine will Impfungen durchsetzen, weil er darin das Heil sieht, und der andere will seiner Globuli basierten Medizin zum Erfolg verhelfen. Es war schon fast Mitleid erregend, wie Dahlke in einem Video Gift und Galle speiend mit herausgepresster Stimme gegen Merkel und Co. wetterte. Von einem Mann, der das Erwachen im Sinne Buddhas predigt, hätte ich mir mehr Gelassenheit und auch Seriosität mit den Zahlen erwartet, die er in seinem Video unreflektiert von anderen Kollegen wie z.B. Homburg übernimmt. Die Behauptungen Homburgs werden sehr detailliert auf der Internetseite correctiv.org untersucht. Offensichtlich hat R. Dahlke nicht mitbekommen, dass S. Homburg seine Behauptungen zwischenzeitlich zum Teil abgeschwächt hat. Ich habe R. Dahlke als Beispiel dafür genommen, wie verbissen diejenigen, die den jetzt agierenden Politikern und auch den Medien bewusste Angstmacherei unterstellen, versuchen, ihre Ideologien durchzudrücken. Was auch immer die nächsten Wochen bringen werden, beobachten wir das Verhalten der einzelnen Akteure. Ich habe selten soviel Einblick in die Psyche der Menschen bekommen wie in diesen Monaten. Zum Teil offenbaren sie – ungewollt – völlig ungeschminkt, wie sie denken und was sie wirklich antreibt. Mit dem Coronavirus fallen viele Masken.
Andreas Angermeir