Mund-Nasen-Schutzmasken

Im Oberbayerischen Volkblatt erschien am 05.06.20 ein Artikel mit der Überschrift „Die Masken-Rebellin“. In diesem Artikel kommt die Ärztin Frau Sill, die Masken-Rebellin also, zu Wort und behauptet allen Ernstes, dass Mund-Nasen-Masken wirkungslos, ja sogar gefährlich für den Maskenträger seien. Worin besteht der eigentliche Skandal in der Veröffentlichung des Artikels „Die Masken-Rebellin“?

Darin, dass das OVB eine breite Bühne für eine Masken-Gegnerin zur Verfügung stellt, die ihren Beruf dahingehend instrumentalisiert, dass sie ihrer ganz persönlichen Meinung zu mehr Nachdruck verleihen darf? Oder darin, dass sich eine Ärztin mit eklatantem Unwissen in der Öffentlichkeit zu profilieren versucht? Mit diesem Artikel werden all jene, die ihre Zweifel am Schutz durch eine Mund-Nasen-Maske haben, in ihrem Zweifel bestärkt und sie werden möglicherweise bald zu jenen gehören, die durch das Nichttragen einer Maske zur Verbreitung des Coronavirus beitragen. Wenn das OVB einen derartigen Artikel im Zuge der Meinungsfreiheit veröffentlicht, dann sollte es in diesem Artikel einen Fachmann zu Wort kommen lassen, der die Aussagen von Frau Sill Punkt für Punkt fachlich kommentiert oder das OVB sollte einen Faktencheck zu den einzelnen Behauptungen anfügen.

Die Behauptung von Frau Sill, dass eine Maske wirkungslos sei, könnte man mit einem einfachen Versuch widerlegen: Man hänge einen Stoff, aus dem Mund-Nasen-Masken hergestellt werden, an einer Wäscheleine auf. Auf der einen Seite der Wäscheleine steht Person A und auf der anderen Seite Person B. Person A spuckt nun aus Leibeskräften in Richtung auf Person B. Dann wiederholt man den Versuch ohne den Stoff. Anschließend fragt man die Person B, ob sie einen Unterschied bei den beiden Vorgängen bemerkt hätte. Selbst wenn nicht alle Tropfen durch einen Maskenstoff aufgehalten werden, so wird eine Reduktion der Tröpfchenmenge das Ansteckungsrisiko vermindern helfen. Selbst bei einer Verringerung der Ansteckung um lediglich 30% wäre das aus epidemiologischer Schritt ein gewaltiger Schritt zur Verminderung der Ausbreitung der Epidemie (Zinseszinsrechnung!). Wenn Frau Sill sagt: „Wenn ich die Bevölkerung das einfach so tragen lasse, dann verteilt sich Corona mit Maske genauso wie ohne.“, dann unterstellt Frau Sill den Menschen, dass sie noch nie etwas von den zahlreichen Informationskampagnen gehört hätten oder dass sie zu dumm wären, eine Maske richtig zu tragen. Ich habe in den letzten Wochen nur ganz wenige Menschen getroffen, die ihre Mund-Nase-Maske nicht richtig getragen haben. Die Menschen schaffen das! Ich habe mehrere!!! Ärzte zu der Aussage von Frau Sill befragt, dass sich beim Tragen einer Maske „ein Biotop für Erreger bildet, was wiederum Krankheiten auslösen kann.“ Die Befragten meinten nur, dass es, wenn man den Mund-Nasen-Schutz entsprechend den Vorgaben reinige, keinerlei Rechtfertigung für die Behauptung von Frau Sill gäbe.

Schwer zu verstehen ist auch die Aussage von Frau Sill, dass „die Maske im medizinischen Bereich absolut notwendig ist.“ Daraus schließe ich, dass die Masken durchaus Wirkung haben. Das ist ein Widerspruch zu der Aussage von Frau Sill, dass die Masken wirkungslos seien – siehe oben. Nimmt man die Aussagen von Frau Sill als wahr an, d.h. dass die Masken bei medizinischem Personal ihre Wirkung entfalten und bei den anderen Menschen nicht, dann lässt das nur den einen Schluss zu, nämlich den, dass medizinisches Personal eine andere Physiologie hat als der Rest der Menschheit. Das glaube ich nicht.

Warum trägt das medizinische Personal seit ca. 130 Jahren in allen Operationssälen einen Mund-Nasen-Schutz? Doch wohl, weil die Masken Schutz bieten und nicht, weil die ÄrzteInnen und die Krankenschwestern beim Operieren anonym bleiben wollen. In Kekules Corona Kompass, ausgestrahlt vom mdr, berichtete der Virologe Kekule, dass es sehr viele Studien gäbe, in denen die Wirksamkeit von Masken nachgewiesen wurde.

Würde Frau Sill ihren Blick nach Asien richten, dann würden die dortigen Zahlen ihre Augen öffnen. Die erfolgreiche Eindämmung der Epidemie in Südkorea und Taiwan ist wohl jedem bekannt. Manche führen den Erfolg in diesen Ländern auf das häufige Testen zurück. Durch Testen alleine kann man aber eine Epidemie nicht stoppen. Testen deckt nur auf, dass jemand erkrankt ist. Verhindern kann man das Fortschreiten der Epidemie durch geeignete Maßnahmen. Und eine!! davon ist das Tragen von Mundschutz, wie es in diesen Ländern zwingend vorgeschrieben ist.  

Nur ganz selten wurde in den öffentlich-rechtlichen Medien ARD und ZDF vom Ausbreiten der Epidemie in Japan berichtet. Vergleicht man die Zahlen in Japan mit denen in Deutschland oder gar in anderen europäischen Ländern, dann muss man feststellen, dass Japan äußerst glimpflich davongekommen ist und das, obwohl die Einschränkungen des täglichen Lebens bei weitem nicht so massiv waren wie in Europa. Selbst die Abstandsregeln im öffentlichen Leben wurden nicht in dem Maße eingefordert wie bei uns. Im öffentlichen Nahverkehr in Japan ist das überhaupt nicht möglich. Selbst im japanischen Parlament saßen die Abgeordneten dicht nebeneinander. Sie alle trugen Masken. Eines war in Japan, einem Land, in dem die Rücksichtnahme gegenüber anderen Menschen ein ganz hohes Gut ist, für jedermann jedoch klar: jeder trägt eine Maske. Daneben, das soll nicht unerwähnt bleiben, haben sich in Japan Menschen, die mit einem Infizierten Kontakt hatten, in sofortige Isolation begeben. Das war und ist wohl das zweite Standbein des japanischen Erfolgs bei der Bekämpfung der Epidemie, neben dem Tragen der Maske.

Die Aussagen, die Frau Sill zum Ausstellen der Atteste bezüglich der Atemmasken macht, lassen bei mir Zweifel aufkommen, ob Frau Sill ihrer Berufspflicht auch tatsächlich nachkommt. Ich hoffe, ich habe die diesbezüglichen Aussagen nur falsch interpretiert. Ich werde mich auf jeden Fall an das SMART-Distancing halten. Abstand halten, Maske tragen und Hände waschen.

Andreas Angermeir

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