Harari und der Kutscher

Je länger ich in dem Buch „21 Lektionen für das 21. Jahrhundert“ von Noah Harari las, desto mehr fragte ich mich, was an diesem Buch so anders ist als bei all den anderen Büchern über die Zukunft unseres Planeten. Ich denke an das Buch „ÜBER LEBEN“ von Dirk Steffens und Fritz Habekuss und an das Buch „Zieht Euch warm an, denn es wird heiß.“ von Sven Plöger. Beide Bücher zeichnen ein recht düsteres Bild von der Zukunft der Menschheit und doch waren beide Bücher anders als die „21 Lektionen für das 21. Jahrhundert“ von Noah Harari.  Auch Harari beschäftigt sich mit der Zukunft der Menschheit, einer Menschheit, die von einer künstlichen Intelligenz gesteuert werden könnte.

Sein Buch ist von einer Kälte, die man erst verstehen kann, wenn man die letzten Kapitel seines Buches gelesen hat. Darin beschreibt er, was er !! vom Buddhismus gelernt hat, nämlich dass das Leben keinen Sinn hat – Seite 399 – und dass er persönlich den Sinn seines Lebens unter anderem darin sieht, anderen die Sinnlosigkeit des Lebens zu erklären.  So macht er den so von ihm interpretierten Buddhismus zu seiner Erzählung in seinem Leben. Es ist diese Sinnlosigkeit, die jene Kälte über das Buch legt, die man in vielen Lektionen mehr oder weniger deutlich spüren kann.

Harari hat sein Leben auf den Verstand reduziert. Und der sezierende Verstand kennt keine Wärme. Dazu fällt mir eine Geschichte ein, die Burkhard Kiegeland, einer der ganz großen spirituellen Lehrer des letzten Jahrhunderts, häufig am Anfang seiner Kurse erzählte. Ich habe diese Geschichte schon mal in einer leicht abgeänderten Variation gehört. Von wem sie ursprünglich stammt, weiß ich nicht.

Burkhard Kiegeland verglich dabei den Menschen mit einer Kutsche. Die Kutsche selbst repräsentiert den Körper, die Pferde versinnbildlichen die Gefühle und der Verstand wird durch den Kutscher dargestellt. Und in der Kutsche sitzt der Passagier. Bei den meisten Menschen ist es vornehmlich der Kutscher, also der Verstand, der sagt, wo es langgeht und der glaubt, dass nur er wisse, wohin die Reise geht. Manchmal sind es auch die Pferde, also die Gefühle, die durchbrennen und die Kutsche mitreißen, wohin auch immer. In der Regel ist es jedoch der Kutscher, der die Pferde antreibt oder sie zügelt und so die Kutsche durch das Land manövriert.

Die meisten Kutscher haben ganz vergessen, dass es da noch jemanden gibt, nämlich den Passagier. Letzterer sollte es sein, der dem Kutscher die Anweisungen gibt, wohin das Gefährt sich bewegen soll. Bei Harari spürt man, dass es der Kutscher ist, der die Reise bestimmt, sein messerscharfer Verstand, der den Passagier in der Kutsche noch gar nicht wahrgenommen hat. Ich bin gespannt, welche Bücher Harari schreiben wird, wenn er einmal erkannt hat, dass auch in seiner Kutsche ein Passagier sitzt.

Andreas Angermeir

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